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Wichtelgeschichte 7

Schneeberge


Schneeschaufel Winterdienst Streusalz



Foto von ingo Lenz



Text von Sina Land


Mit Schneeschaufel bewaffnet bahnen sie sich am nächsten Tag einen Weg zu Opas Werkstatt. Die Leinentasche mit den erstandenen Utensilien vom Weihnachtsmarkt trägt Linchen um den Hals. Die letzten paar Meter stellen sich quer und die kleine Schaufel von seiner Enkelin bewegt sich im Schnee keinen Zentimeter mehr vorwärts. Der Winterdienst hat ihre Einfahrt zugeräumt und damit den Eingang zu ihrer Arbeitsstätte blockiert. Da hilft  das Streusalz nicht, das er extra mitgenommen hat.

„Ich werde erst mal die Schneefräse aus dem Schuppen holen. Hilfst du mir?“

„Aber wir müssen uns doch beeilen. Die Wichtel frieren sicher furchtbar.“

„Das glaube ich nicht. Die werden sich irgendwo einen anderen Unterschlupf gesucht haben, wenn sie nicht sogar sich in den Wohnungen der Menschen herumtummeln und dort vor ihnen verstecken.“

Linchens Augen leuchten. „Meinst du, dass Willi sich bei mir einquartiert hat? Vielleicht schläft er ja unter meiner Heizdecke und wärmt seine kalten Füße. Opa, du musst alleine weiter Schnee wegmachen. Ich sehe nach dem Wichtel.“ Schon stapft sie zum Haus zurück und Bartholomäus grinst ihr hinterher. Wie bezaubernd es doch ist, dass sie ihre kindliche Fantasie bisher nicht aufgegeben hat. Selbst wenn sie nächstes Jahr eingeschult wird, hofft er darauf, dass es nicht das letzte Weihnachten sein wird, indem sie beide den Wichteln hinterhersuchen und Linchen seine Geschichten liebt. Nachdem seine Frau nicht mehr bei ihm ist, hat sie ihn jedes Jahr der Adventszeit und dem Weihnachstabend mit Freude entgegenfiebern lassen. Wogegen diese Zeit ohne seine Enkelin gewiss extrem traurig ausgefallen wäre. Augenblicklich spürt er sein Herz schneller schlagen, offenbar aus Liebe und Dankbarkeit.

Wörter von Anja Ziegler

Text von Sina Land

Foto von Ingo Lenz


Fortsetzung folgt